Filmrezension: Conjuring – Die Heimsuchung

The ConjuringIn meiner Kindheit wachte ich, von Zeit zu Zeit, in der Nacht mit dem unguten Gefühl, nicht alleine im Raum zu sein, auf. Im stockdunklen Zimmer lag ich zitternd unter meiner Bettdecke, starrte in die Dunkelheit und wagte es nicht unter’s Bett zu schauen.
Mittlerweile bin ich erwachsen, lebe alleine und dieses Gefühl der Beklemmung, der Angst vor dem Unsichtbaren, fühle ich seitdem kaum noch. Wer kennt es nicht, dieses blanke Entsetzen, die nackte Angst, die man vor allem im Kindesalter noch so intensiv wahrnimmt? Früher fürchtete ich mich vor dem Gefühl, heute schaue ich Horrorfilm um Horrorfilm um es noch einmal, zumindest ansatzweise, so zu fühlen.

Horrorfilme sind wie Sand am Meer – Das Angebot ist riesig, die Auswahl an wirklich sehenswerten Exemplaren allerdings klein. Das Jahr 2013 ist ein gutes Jahr für Horrorfans: Anfang des Jahres schockte Alexandre Aja mit seinem Remake von „Maniac“ die Kinobesucher, einige Monate später folgte die Neuauflage des Kultklassikers „Tanz der Teufel“ und jetzt zum Sommer startet der langersehnte „Conjuring – Die Heimsuchung“ von James Wan. Der Regisseur James Wan ist in der Horrorszene längst kein Unbekannter mehr: 2004 schrieb und drehte er „Saw“ – Weitere Filme wie der relativ unbekannte „Dead Silence“ und schließlich „Insidious“ folgten.

James Wan versteht etwas von seinem Handwerk und erfindet mit „The Conjuring“ das Rad zwar nicht neu, bereitet den Stoff aber in einer Art und Weise auf, dass selbst eingefleischten Horrorfans das Blut in den Adern gefriert. Der Film erzählt die Geschichte der Familie Perron, die mit ihren Töchtern in ein verfallenes, altes Farmhaus mitten im Nirgendwo zieht. Als die jüngste Tochter einen vernagelten Eingang zum Keller entdeckt, beginnt der Spuk und die Familie sieht sich Poltergeist-ähnlichen Attacken ausgeliefert. Abhilfe sollen die Dämonologen Ed und Lorraine Warren schaffen, die das Anwesen untersuchen und schnell feststellen, dass dort eine Macht zu Gange ist, die gefährlicher und hasserfüllter ist als alles, was sie in ihrer bisherigen Karriere erlebt haben. Trotzdem machen sie sich gemeinsam mit der Familie an die Austreibung der Dämonen und erkennen schnell, dass sie weiter gehen müssen als jemals zuvor.

„The Conjuring“ hat alles: Eine mehr als unheimliche Puppe, Geister, Dämonen, einen Clown, ein hervorragendes Setting und sympathische Charaktere. James Wan versteht es hervorragend mithilfe von Bild- und Sounddesign und der Untermalung eines bedrohlich bedrückenden Soundtracks eine dichte Atmosphäre zu kreieren, die Spannung ins Beinahe unerträgliche zu steigern und den Zuschauer mit unerwarteten Schockmomenten aus dem Kinosessel fahren zu lassen. „The Conjuring“ ist wie eine Achterbahnfahrt, zwischen den Schockmomenten bleibt kaum Zeit zum Durchatmen – An manchen Stellen wiegt Wan den Zuschauer in Sicherheit, lockert die Situation mit einem kleinen Witz auf, nur um dann noch heftiger zu schockieren. Mit einer Spieldauer von knapp zwei Stunden bleibt zudem genügend Raum die Charaktere einzuführen und den Horror langsam, aber sicher aufzubauen.

Das Siegel „Basierend auf einer wahren Geschichte“, das bei den meisten Genrekollegen wie der klägliche Versuch, aus einer schwachen Story wenigstens noch ein bisschen Grusel herauszuholen, wirkt, ist bei „The Conjuring“ zwar eigentlich gar nicht nötig, sorgt aber trotzdem bei Nachforschungen zur Thematik des Filmes für zusätzliches Unbehagen: Die Dämonologen Ed und Lorraine Warren sind keine erfundenen Charaktere, sondern reale Menschen, der Fall mit der Puppe Annabelle, der den Prolog des Films bildet, existiert wirklich.

Auch ohne dieses Wissen ist „The Conjuring“ ein Horrorfilm erster Güteklasse und definitiv nichts für schwache Nerven. James Wan schafft das, was ich nicht für möglich gehalten hätte: Während des Filmes fühlte ich mich wieder wie das Kind, das voller Furcht in seinem Bett kauert und ängstlich in die Dunkelheit starrt. Das Grauen, dass sich behutsam entwickelt, um dann mit voller Wucht auf den Zuschauer zu treffen dürfte nicht nur bei Gelegenheitshorrorfilmschauern, sondern auch bei hartgesottenen Fans für feuchte Handflächen und in den Kinositz gekrallte Finger sorgen.

Kinostart: 01.08.2013

The Conjuring – Offizielle Website

About nattfoedd

Ich heiße Johanna, bin einundzwanzig Jahre alt und studiere Medien und Kunst in Braunschweig. Meine Wohnung habe ich mit Filmplakaten tapeziert, meine DVD-Sammlung platzt aus allen Nähten und ich besitze mehr Bandshirts als andere Mädchen Unterwäsche. In meiner Freizeit arbeite ich als Videothekarin oder schreibe Texte für Dark News.

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